DIE VEREINTEN NATIONEN
UND
DIE PALÄSTINAFRAGE
VEREINTE NATIONEN
INHALT
1 GESCHICHTE
2 THEMEN
l GESCHICHTE
DIE PALÄSTINAFRAGE VOR DEN VEREINTEN NATIONEN
Zum Zeitpunkt der Gründung der Vereinten Nationen am 26. Juni 1945 in San Francisco stand Palästina aufgrund eines 1922 vom Völkerbund erteilten Mandats unter britischer Verwaltung.
Zu den Problemen, mit denen sich die Mandatsmacht auseinanderzusetzen hatte, gehörte auch die Frage eines Heimatlandes für die Juden in Palästina. Die arabischen Einwohner, die Mitte der vierziger Jahre rund zwei Drittel der zwei Millionen starken Bevölkerung des Gebiets ausmachten, wehrten sich heftig gegen die zunehmende jüdische Einwanderung nach Palästina. Angesichts der zunehmenden Gewalt im Lande beschloß das Vereinigte Königreich im Februar 1947, die Palästinafrage vor die Vereinten Nationen zu bringen.
Unter dem Hinweis, daß „eine baldige Regelung in Palästina wünschenswert" sei, beantragte die britische Regierung die sofortige Einberufung einer Sondertagung der Generalversammlung, die einen Sonderausschuß einsetzen und mit der Ausarbeitung einer ersten Studie zur Palästinafrage beauftragen sollte, die dann auf der nächsten ordentlichen Tagung der Versammlung zu behandeln wäre.
Auf der ersten Sondertagung der Generalversammlung am 28. April 1947 wurde ein Sonderausschuß über Palästina ins Leben gerufen. Fünf arabische Länder – Ägypten, Irak, der Libanon, Saudi-Arabien und Syrien – versuchten erfolglos, in die Tagesordnung der Sondertagung einen Tagesordnungspunkt betreffend die „Beendigung des Mandats über Palästina und der Erklärung seiner Unabhängigkeit" aufnehmen zu lassen. Die jüdische Sache wurde von der Jewish Agency for Palestine vertreten, für die Araber sprach das Arab Higher Committee.
Auf der Sondertagung setzte die Versammlung den aus 11 Mitgliedstaaten bestehenden Sonderausschuß der Vereinten Nationen für Palästina (UNSCOP) ein, der alle für das Palästinaproblem maßgeblichen Fragen untersuchen und der Versammlung Empfehlungen zur Behandlung auf ihrer ordentlichen Tagung im September 1947 vorlegen sollte. Im Zuge der dreimonatigen Untersuchung besuchte der Sonderausschuß Palästina, den Libanon, Syrien und Transjordanien sowie die vom zweiten Weltkrieg verwüsteten Vertriebenenlager in Europa, dem Schauplatz der Tragödie der europäischen Juden unter dem Nationalsozialismus.
Während die jüdischen Organisationen den UNSCOP in seinen Beratungen unterstützte, entschied sich die palästinensische Führung im Arab Higher Committee gegen eine Zusammenarbeit mit dem Ausschuß; begründet wurde dieser Schritt mit der Weigerung der Vereinten Nationen, die Frage der Unabhängigkeit zu behandeln und das Problem der jüdischen Flüchtlinge aus Europa aus der Palästinafrage [nicht] auszuklammern. Die naturgegebenen Rechte der palästinensischen Araber stünden außer Frage und müßten daher anerkannt werden, ohne weitere Untersuchungen darüber anzustellen, ließ der Arabische Ausschuß wissen.
Die jüdische Führung vertrat vor dem Sonderausschuß die Auffassung, daß die Frage eines jüdischen Staates in Palästina und die Freigabe der Einwanderung untrennbar miteinander verknüpft seien. Dagegen bemühten sich die Araber, die nun von der Arabischen Liga vertreten wurden, um die sofortige Schaffung eines unabhängigen Palästina westlich des Jordan.
Der Sonderausschuß beendete am 31. August 1947 seine Arbeit, nachdem sich seine Mitglieder auf die Beendigung des Mandats, den Grundsatz der Unabhängigkeit und die Rolle der Vereinten Nationen geeinigt hatten. Keinen Konsens gab es hingegen darüber, wie die Palästinafrage zu lösen sei. Die Mehrheit der Ausschußmitglieder (Guatemala, Kanada, die Niederlande, Peru, Schweden, die Tschechoslowakei und Uruguay) sprach sich für eine Teilung Palästinas in einen arabischen Staat und einen jüdischen Staat aus, mit einem internationalen Sonderstatus für Jerusalem unter der Verwaltungshoheit der Vereinten Nationen. Diese drei Gemeinwesen sollten eine Wirtschaftsunion bilden. Der von Indien, Iran und Jugoslawien vorgelegte Plan der Minderheit sah einen unabhängigen Bundesstaat mit einem arabischen und einem jüdischen Staat und Jerusalem als Bundeshauptstadt vor. Das verbleibende UNSCOP-Mitglied Australien vertrat die Auffassung, daß die Empfehlungen über den Auftrag des Ausschusses hinausgingen, und enthielt sich somit der Stimme.
DER TEILUNGSPLAN
Nach intensiver, zweimonatiger Debatte verabschiedete die Generalversammlung schließlich auf ihrer zweiten ordentlichen Tagung am 29. November 1947 die Resolution 181 (II), in der sie mit geringfügigen Änderungen den von der Mehrheit im Sonderausschuß über Palästina vorgeschlagenen Teilungsplan mit Wirtschaftsunion annahm. Dieser Teilungsplan, ein ausführlicher, vierteiliger Anhang zur Resolution, sah die Beendigung des Mandats, den schrittweisen Rückzug der britischen Streitkräfte und Einzelheiten betreffend die Grenzziehung zwischen den beiden Staaten und Jerusalem vor. Die Gründung des arabischen und des jüdischen Staates sollte bis spätestens 1. Oktober 1948 vollzogen sein. Palästina sollte in acht Teile geteilt werden: Drei davon würden dem jüdischen und drei dem arabischen Staat zugesprochen, der siebte, die Stadt Jaffa, sollte zur arabischen Enklave innerhalb des jüdischen Hoheitsgebiets werden, und der achte Teil schließlich sollte Jerusalem sein, das mit seinem internationalen Status dem Treuhandrat der Vereinten Nationen unterstellt werden sollte.
Ferner bestimmte der Plan im einzelnen, welche Maßnahmen vor der Unabhängigkeit zu treffen seien. Sie betrafen Fragen der Staatsangehörigkeit, Transitrechte, die Wirtschaftsunion und eine Erklärung der provisorischen Regierungen der beiden geplanten Staaten über den Zugang zu den heiligen Stätten sowie über religiöse Rechte und Minderheitenrechte. Mit derselben Resolution 181 (II) setzte die Versammlung zur Durchführung ihrer Empfehlungen die Palästinakommission der Vereinten Nationen ein. Gleichzeitig ersuchte sie den Sicherheitsrat, die notwendigen Maßnahmen zur Durchführung des Teilungsplans zu ergreifen.
Trotz ihrer Unzufriedenheit über Fragen wie die jüdische Einwanderung aus Europa und die für den geplanten jüdischen Staat vorgesehenen territorialen Grenzen akzeptierte die ]ewish Agency die Resolution. Nicht angenommen wurde der Plan hingegen von den palästinensischen Arabern und den arabischen Staaten, die ihre Ablehnung damit begründeten, daß der Teilungsplan die Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen verletze, welche den Menschen das Recht gebe, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Die Umstände, unter denen sich die Versammlung für den Plan ausgesprochen habe, seien der Vereinten Nationen unwürdig, und die Araber Palästinas würden sich jedem Plan widersetzen, der eine Zerstückelung, Spaltung oder Teilung ihres Landes vorsehe oder einer Minderheit Sonderrechte, Vorrechte oder einen Sonderstatus einräume.
DAS ENDE DES BRITISCHEN MANDATS
Nach Verabschiedung der Resolution 181 (II) kam es in Palästina immer wieder zu Ausschreitungen. Als sich die Lage weiter zuspitzte, berief der Sicherheitsrat vom 16. April bis 14. Mai 1948 eine Sondertagung der Generalversammlung ein. Am 17. April forderte der Sicherheitsrat die Einstellung aller militärischen und paramilitärischen Aktivitäten in Palästina, am 23. April setzte er eine Waffenstillstandskommission ein, die einen Waffenstillstand erreichen und diesen überwachen sollte. Die Generalversammlung enthob die Palästinakommission ihrer Aufgabe und beschloß, einen Vermittler zu ernennen und diesen zu beauftragen, in Zusammenarbeit mit der Waffenstillstandskommission auf eine friedliche Regelung hinzuarbeiten. Am 20. Mai wurde der Präsident des schwedischen Roten Kreuzes, Graf Folke Bernadette, zum Vermittler der Vereinten Nationen bestimmt.
Am 14. Mai 1948 beendete das Vereinigte Königreich sein Mandat über Palästina und zog seine Streitkräfte ab. Am selben Tag verkündete die Jewish Agency die Errichtung des Staates Israel auf dem Gebiet, das dem jüdischen Staat im Teilungsplan zugesprochen worden war, worauf es sofort zu erbitterten Auseinandersetzungen zwischen der arabischen und der jüdischen Bevölkerung kam. Am Tag darauf marschierten reguläre Truppen der arabischen Staaten zur Unterstützung der arabischen Palästinenser in das Gebiet ein.
Die Kampfhandlungen wurden nach mehreren Wochen durch eine vierwöchige Waffenruhe beendet, zu der der Sicherheitsrat am 29. Mai aufgerufen hatte. Sie trat am 11. Juni in Kraft und wurde vom Vermittler der Vereinten Nationen mit Hilfe einer Gruppe internationaler Militärbeobachter überwacht, die später unter dem Namen Organisation der Vereinten Nationen zur Überwachung des Waffenstillstands (UNTSO) bekannt wurde. Trotz der Bemühungen des Vermittlers konnte keine Einigung über eine Verlängerung der Feuerpause erzielt werden, worauf die Kämpfe am 8. Juli erneut ausbrachen.
Am 15. Juli 1948 stellte der Sicherheitsrat fest, daß die Lage in Palästina eine Friedensbedrohung darstelle. Er ordnete die Feuereinstellung an und erklärte, daß eine Nichtbefolgung als Friedensbruch angesehen werde, der eine sofortige Prüfung von Zwangsmaßnahmen im Sinne von Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen nach sich ziehen werde. Daraufhin trat der Resolution entsprechend die zweite Feuerpause in Kraft. Inzwischen befanden sich Teile des von der Teilungsresolution dem arabischen Staat zugesprochenen Territoriums sowie Westjerusalem unter israelischer Kontrolle, während die arabischen Streitkräfte Teile des für den jüdischen Staat vorgesehenen Gebiets kontrollierten. Ägyptische, irakische und jordänische Truppen hielten Teile des Gazastreifens und des Gebiets westlich des Jordan samt Ostjerusalem besetzt. Im Oktober 1948 und März 1949 brachen erneut Kämpfe aus, in deren Verlauf Israel weitere Gebiete eroberte, die teils dem arabischen, teils dem jüdischen Staat zugesprochen worden waren. 1950 unterstellte Jordanien das Westjordanland (mit Ostjerusalem) bis zur Lösung des Problems offiziell seiner Verwaltungshoheit.
Die bewaffneten Auseinandersetzungen hatten auch katastrophale Folgen in humanitärer Hinsicht, wurden doch fast 750.000 Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben und zum Flüchtlingsdasein gezwungen.
Inmitten der Verhandlungen zwischen den Parteien wurde Graf Bernadette am 17. September 1948 im israelisch kontrollierten Sektor Jerusalems erschossen. Als amtierender Vermittler wurde Ralph Bunche (Vereinigte Staaten) ernannt.
Zwischen Februar und Juli 1949 wurden unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen zwischen Israel auf der einen Seite und Ägypten, Jordanien, dem Libanon und Syrien auf der anderen Seite Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. In diesen Abkommen ähnlichen Inhalts räumten die betreffenden Parteien ein, daß der Waffenstillstand eine Grundvoraussetzung für die Wiederherstellung des Friedens in Palästina sei. Ferner wurde darin klargestellt, daß es nicht Zweck des Waffenstillstands sei, territoriale, Verwaltungs- oder sonstige Rechte, Ansprüche oder Interessen irgendeiner Partei zu begründen oder anzuerkennen.
Im August 1949 verlangte der Sicherheitsrat die Überwachung des Waffenstillstands durch die UNTSO-Beobachter. In Übereinstimmung mit entsprechenden Ratsbeschlüssen blieben die UNTSO-Beobachter im Nahen Osten stationiert.
Inzwischen war Israel am 11. Mai 1949 den Vereinten Nationen beigetreten. Bei der Aufnahme Israels verwies die Generalversammlung ausdrücklich auf die Erklärungen und Klarstellungen, die Israel vor dem Politischen Ad-hoc-Ausschuß der Versammlung betreffend die Durchführung der Resolutionen 181 (II) und 194 (III) abgegeben hatte. Diese Erklärungen und Klarstellungen betrafen unter anderem den für Jerusalem vorgesehenen internationalen Status, das Problem der arabischen Flüchtlinge und Fragen des Grenzverlaufs.
Auf ihrer dritten ordentlichen Tagung hatte die Generalversammlung am 11. Dezember 1948 die Resolution 194 (III) verabschiedet, in der mögliche Lösungen des Palästinaproblems aufgezeigt wurden. Sie hatte sich den in einem Bericht Graf Bernadottes enthaltenen Vorschlägen zur Lösung der immer unübersichtlicher werdenden Lage in Palästina angeschlossen und erklärt, daß Flüchtlinge, die heimkehren und mit ihren Nachbarn in Frieden leben wollten, dazu die Möglichkeit erhalten sollten, sobald die Umstände dies zuließen, und daß diejenigen, die sich gegen die Rückkehr entschieden, für den Verlust ihres Besitzes entschädigt werden müßten. Die Versammlung forderte in dieser Resolution die Entmilitarisierung und Internationalisierung Jerusalems und den Schutz der heiligen Stätten in Palästina sowie den ungehinderten Zugang zu diesen.
Mit Resolution 194 (III) wurde außerdem die aus drei Mitgliedern bestehende Schlichtungskommission der Vereinten Nationen für Palästina ins Leben gerufen, die bei Bedarf als Vermittler der Vereinten Nationen agieren sollte. Ihr Auftrag lautete, den Parteien bei der Erreichung einer endgültigen Regelung aller ausstehenden Fragen behilflich zu sein und die Rückführung, Wiederansiedlung und die wirtschaftliche und soziale Integration der Flüchtlinge zu erleichtern. Die Versammlung berief schließlich Frankreich, die Türkei und die Vereinigten Staaten in die Kommission.
Die Schlichtungskommission versuchte, drei der wichtigsten Probleme zu lösen: die Frage der Größe der Gebiete, das Flüchtlingsproblem und den Status von Jerusalem. In getrennten Gesprächen mit den arabischen Staaten (Ägypten, Jordanien, dem Libanon und Syrien) und Israel auf einer Konferenz im April 1949 in Lausanne erreichte die Kommission, daß jede Seite für sich ein Protokoll unterzeichnete, in dem vereinbart wurde, die in der Teilungsresolution festgesetzten Grenzen als Diskussionsgrundlage zu benutzen. Die Tagungen der Kommission im Jahre 1949 gingen jedoch ergebnislos zu Ende, da die arabischen Staaten darauf drängten, daß zuerst die Flüchtlinge heimkehren müßten, während Israel zuallererst die Gebietsfrage behandelt wissen wollte.
Auch den späteren Bemühungen der Kommission um die Rückkehr der Palästinenser und die Errichtung eines internationalen Regimes für Jerusalem war kein Erfolg beschieden. Seit 1951 versucht die Kommission, die völlige Freigabe der in Israel blockierten Bankkonten arabischer Flüchtlinge zu erreichen. 1964 schloß sie die Bestandsaufnahme des Eigentums arabischer Flüchtlinge ab und führt seither darüber eine Liste.
Seit 1952 hat die Kommission in regelmäßigen Berichten an die Generalversammlung immer wieder darauf hingewiesen, daß ihre Bemühungen zur Durchsetzung von Resolution 194 (III) nur dann zum Ziel führen könnten, wenn die Parteien ihre Haltung grundlegend änderten. Die Bestimmungen dieser Resolution über das Recht der Palästinaflüchtlinge auf Rückkehr wurden von der Versammlung seit 1948 buchstäblich jedes Jahr bestätigt.
DER KRIEG VON 1967 UND DIE RESOLUTION 242
Die Palästinafrage blieb somit ungelöst, und in der Region etablierte sich ein von sporadisch aufflammenden Gewalthandlungen unterbrochener, trügerischer Friede. 1967 schließlich erreichten die Entwicklungen im Nahen Osten einen Wendepunkt, als Israel das gesamte Gebiet besetzte, das einst das britische Palästina-Mandat ausgemacht hatte.
1956 war es zu bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen, als Israel am 29. Oktober Ägypten angriff, und Frankreich und Großbritannien in der Folge Israel unterstützten. Ägypten hatte im Juli zuvor in einer politisch äußerst brisanten Atmosphäre den Suezkanal verstaatlicht. Die Krise endete mit einem Waffenstillstand, zu dem die Generalversammlung in einer eigens einberufenen Dringlichkeitssitzung aufgerufen hatte, gefolgt vom Rückzug der Invasionstruppen und der Stationierung der ersten Friedenstruppen der Vereinten Nationen, den Notstandsstreitkräften der Vereinten Nationen (UNEF I).
UNEF I wurde im Mai 1967 auf Ersuchen Ägyptens abgezogen, das den Generalsekretär informiert hatte, daß es der Stationierung der Streitkräfte auf ägyptischem Hoheitsgebiet und in Gaza nicht länger zustimme. Prompt kam es am 5. Juni 1967 zu Feindseligkeiten zwischen Israel und Ägypten, Jordanien und Syrien. Als sich die Parteien schließlich zu der vom Sicherheitsrat geforderten Feuereinstellung bereiterklärten, hatte Israel den Sinai, den Gazastreifen, das Westjordanland einschließlich Ostjerusalems und einen Teil der syrischen Golanhöhen besetzt.
Als die Waffenruhe gesichert war, verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 237 (1967), in der Israel aufgefordert wurde, für die Sicherheit, das Wohl und den Schutz der Bewohner derjenigen Gebiete zu sorgen, in denen militärische Operationen stattgefunden hatten, und die Rückkehr der Vertriebenen zu erleichtern. Die betreffenden Regierungen wurden gebeten, strengstens auf die Einhaltung der in der Vierten Genfer Konvention von 1949 verankerten humanitären Grundsätze für den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten zu achten. Auf ihrer fünften Dringlichkeitssitzung, die bei Ausbruch der Kämpfe einberufen worden war, rief die Generalversammlung die Regierungen und internationalen Organisationen dazu auf, der von den Kriegshandlungen betroffenen Bevölkerung humanitäre Nothilfe zu leisten. Die Versammlung ersuchte Israel, alle bereits ergriffenen Maßnahmen, die den Status von Jerusalem verändern könnten, rückgängig zu machen und von jeder weiteren derartigen Handlung abzusehen.Am 22. November desselben Jahres verabschiedete der Sicherheitsrat einstimmig – wenn auch nach langwierigen Verhandlungen -die Resolution 242 (1967), in der die Grundsätze für eine friedliche Regelung im Nahen Osten niedergelegt sind. In dieser Resolution heißt es, daß die Errichtung eines gerechten und dauerhaften Friedens auf der Anwendung von zwei Grundsätzen beruhen müsse: dem „Rückzug der israelischen Streitkräfte aus (den)* im Zuge des vorangegangenen Konflikts besetzten Gebieten' und der „Beendigung jedes behaupteten oder bestehenden Kriegszustandes sowie [der] Respektierung und Anerkennung der Souveränität, territorialen Integrität und politischen Unabhängigkeit jedes Staates in dem Gebiet und [das] Recht dieser Staaten auf ein Leben in Frieden in sicheren und anerkannten Grenzen ohne Androhung oder Anwendung von Gewalt". In der Resolution wird außerdem die Notwendigkeit einer „gerechten Lösung des Flüchtlingsproblems" bekräftigt.
Ägypten und Jordanien nahmen die Resolution 242 (1967) an und nannten als Vorbedingung für Verhandlungen den Rückzug Israels aus sämtlichen 1967 besetzten Gebieten. Israel stimmte der Resolution ebenfalls zu und erklärte, daß die Frage des Rückzugs und der Flüchtlinge nur durch direkte Verhandlungen mit den arabischen Staaten und den Abschluß eines umfassenden Friedensvertrags geregelt werden könne. Syrien lehnte die Vorgangsweise des Rates mit der Begründung ab, die Resolution habe die zentrale Frage des Rückzugs Israels von Zugeständnissen seitens der arabischen Staaten abhängig gemacht. Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) äußerte massive Kritik an der Resolution, die, wie sie meinte, die Palästinafrage auf ein Flüchtlingsproblem reduziere.
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* Anm. d. Ü.: Im englischen Text ohne bestimmten Artikel, was unterschiedliche Auslegungen zuläßt.
LIBANON-ZUFLUCHTSORT DER PALÄSTINENSER
Mitte und Ende der siebziger Jahre wurde der Libanon immer mehr zum Konfliktherd im Nahen Osten. Viele Flüchtlinge, die 1948 aus dem Norden und den Küstengebieten Palästinas geflüchtet waren, hatten in Lagern in der Nähe der libanesischen Städte Tyrus, Sidon und Beirut Aufnahme gefunden. Eine weitere Welle von Palästinensern kam 1970 aus Jordanien, und im Südlibanon nahmen die Unruhen ständig zu. Die Lage an der israelisch-libanesischen Grenze hatte sich Anfang 1972 merklich verschlechtert. Israel griff Flüchtlingslager im Libanon an und erklärte, es handle sich um Vergeltungsschläge nach Angriffen palästinensischer Kommandos auf seinem Hoheitsgebiet. Auf Ersuchen des Libanon traf die UNTSO im April 1972 Vorkehrungen zur Überwachung des Waffenstillstandes entlang der Grenze.
Die Lage im Südlibanon blieb gespannt. Im März 1978 mar-schierteh israelische Truppen im Südlibanon ein, nachdem ein palästinensisches Kommando jenseits der Grenze einen Überfall verübt hatte. Der Sicherheitsrat forderte Israel auf, seine Streitkräfte aus dem libanesischen Hoheitsgebiet zurückzuziehen, und rief auf Ersuchen des Libanon die Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon (UNIFIL) ins Leben, die den Auftrag erhielt, den erfolgten Abzug der israelischen Streitkräfte zu bestätigen, Frieden und Sicherheit wiederherzustellen und die libanesische Regierung in ihrem Bemühen zu unterstützen, die Kontrolle über den südlichen Landesteil zurückzugewinnen. Als die israelischen Truppen im Juni 1978 aus dem Libanon abzogen, übergaben sie ihre Stellungen im Grenzgebiet jedoch nicht an die UNIFIL, sondern an christliche und mit diesen verbündete Milizen, die von israelischer Seite unterstützt wurden.
Die Verhältnisse im Südlibanon blieben instabil, es gab häufige Feuergefechte zwischen christlichen Milizen und den israelischen Kräften auf der einen Seite und bewaffneten Elementen der PLO und der Nationalen libanesischen Bewegung auf der anderen. Im Juli 1981 führten Bemühungen der Vereinten Nationen und der Vereinigten Staaten zu einem De-facto-Waffenstillstand, worauf in dem Gebiet bis Mai 1982 relative Ruhe herrschte. Nach Attentaten auf israelische Diplomaten in London und Paris führte Israel Luftangriffe gegen PLO-Ziele im Libanon durch, worauf die Kämpfe zwischen den israelischen Streitkräften und denen der PLO erneut ausbrachen.
Am 5. Juni rief der Sicherheitsrat zur sofortigen Einstellung aller militärischen Aktivitäten innerhalb der libanesischen Landesgrenzen und an der israelisch-libanesischen Grenze auf. Die PLO bekräftigte ihre Bereitschaft, alle militärischen Operationen über die Grenze hinweg einzustellen, und Israel ließ den Generalsekretär wissen, daß die Ratsresolution vor das israelische Kabinett gebracht werde. Am Tag darauf, dem 6. Juni, fielen israelische Truppen im Libanon ein. Die UNIFIL-Stellungen im südlichen Libanon wurden entweder überrannt oder umgangen, und die israelischen Streitkräfte erreichten schließlich Beirut, das sie einschlössen.
Der Sicherheitsrat trat in den Monaten Juni, Juli und August 1982 laufend zusammen und verlangte von Israel die Aufhebung der Blockade Beiruts, damit die Zivilbevölkerung in der Stadt versorgt werden könne. Er genehmigte die Stationierung von Militärbeobachtern der Vereinten Nationen, die unter dem Namen Beobachtergruppe Beirut zum Begriff wurden, um sich von der Lage in und um Beirut ein Bild zu machen.
Während der Belagerung Westbeiruts durch die israelischen Streitkräfte im August entsandten Frankreich, Italien und die Vereinigten Staaten auf Ersuchen der libanesischen Regierung eine multinationale Streitmacht nach Beirut, die beim geordneten und sicheren Abzug des bewaffneten palästinensischen Personals aus dem Libanon Hilfestellung leisten sollte. Die Evakuierung der palästinensischen Kräfte aus Beirut und Umgebung war am 1. September 1982 beendet, worauf die multinationale Streitmacht im Laufe der beiden darauffolgenden Wochen abzog.
Die Spannungen nahmen wieder beträchtlich zu, als am 14. September 1982 der designierte libanesische Präsident Bashir Gemayel einem Mordanschlag zum Opfer fiel. Am nächsten Tag rückten Einheiten der israelischen Streitkräfte nach Westbeirut vor. Am 17. September richteten libanesische christliche Milizen, die mit den israelischen Streitkräften nach Westbeirut vorgedrungen waren, in den beiden Flüchtlingslagern Sabra und Shatila ein Blutbad an, in dem Hunderte palästinensischer Zivilisten, unter ihnen Frauen und Kinder, ums Leben kamen. Der Sicherheitsrat verurteilte "das verbrecherische Massaker an palästinensischen Zivilisten in Beirut", und die libanesische Regierung ersuchte um neuerliche Entsendung der multinationalen Streitmacht.
Ende September 1982 kehrten Kontingente aus Frankreich, Italien und den Vereinigten Staaten nach Beirut zurück, denen einige Zeit später eine kleine Einheit aus dem Vereinigten Königreich folgte. Die multinationale Streitmacht stieß bei der Erfüllung ihres Auftrags auf erheblichen Widerstand und erlitt schwere Verluste. Italien, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten zogen ihre Truppen Anfang 1984 ab. Mit dem Abzug des französischen Kontingents am 31. März 1984 ging der 19-monatige multinationale Einsatz zu Ende.
Im Juni 1983 kam es im Ostlibanon zu Zusammenstößen zwischen verschiedenen palästinensischen Splittergruppen, durch die weite Teile der palästinensischen Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen wurden. Dann verlagerten sich die Spannungen unter den Palästinensern in den Nordlibanon um die Stadt Tripoli. Schließlich konnte zwischen den Parteien eine Einigung erzielt werden, die in einem Waffenstillstand und der Evakuierung des PLO-Vorsitzenden Jasir Arafat samt seiner bewaffneten Anhängerschaft aus der PLO bestand. Auf Arafats Ersuchen hin beschloß der Generalsekretär aus humanitären Erwägungen, daß die Schiffe, die die PLO-Kräfte von Tripoli aus außer Landes bringen sollten, unter der Flagge der Vereinten Nationen segeln dürfen. Die Evakuierung fand am 20. Dezember 1983 statt, und Tausende von Palästinensern mußten in Tunesien, Jemen und anderen Ländern Zuflucht suchen. Seither befindet sich der Sitz der PLO in Tunis.
Im Januar 1985 gab die israelische Regierung bekannt, daß israelische Truppenteile weiter in der „Sicherheitszone" im Südlibanon operieren und als Berater der sogenannten „Südlibanesischen Armee" (SLA) agieren würden. Dies ist auch weiterhin die Politik Israels.
Der Sicherheitsrat hat seither das UNIFIL-Mandat regelmäßig verlängert, und die Truppen sind nach wie vor im Südlibanon im Einsatz.
WACHSENDE ANERKENNUNG FÜR DIE RECHTE DER PALÄSTINENSER
In der Palästinafrage konzentrierte sich die Weltöffentlichkeit in den fünfziger und frühen sechziger Jahren auf das Problem der Palästinaflüchtlinge und den Konflikt zwischen den betroffenen Staaten. Nach dem Krieg von 1967 begann man, die Palästinafrage in ihren größeren politischen Zusammenhängen zu sehen. Die Palästinenser wurden wieder aktiv, um ihre nationalen Rechte durchzusetzen. Die 1964 gegründete Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) verabschiedete 1968 eine neue „Nationale Charta". Darin wurde festgestellt, daß die Staatengemeinschaft bis dahin ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden sei und zur Fortsetzung des Kampfes für die Rechte der Palästinenser aufgerufen habe.
Im Dezember 1969 erkannte die Generalversammlung an, daß „das Problem der arabischen Flüchtlinge aus Palästina darauf zurückzuführen ist, daß ihnen ihre unveräußerlichen Rechte gemäß der Charta der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vorenthalten worden sind". Im September 1974 schlugen 56 Mitgliedstaaten vor, „die Palästinafrage" auf die Tagesordnung der Generalversammlung zu setzen. Sie wiesen darauf hin, daß die Palästinafrage und die Rechtsstellung und das Schicksal des palästinensischen Volkes von der Versammlung seit über 20 Jahren nicht als eigener Tagesordnungspunkt behandelt worden seien. Der Vorschlag wurde angenommen, und seitdem steht die Palästinafrage auf der Tagesordnung der Versammlung.
In ihrer Resolution 3236 (XXIX) vom 22. November 1974 bekräftigte die Generalversammlung die unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes einschließlich des Rechts auf Selbstbestimmung ohne Einmischung von außen, des Rechts auf nationale Unabhängigkeit und Souveränität sowie des Rechts auf Heimkehr zu Haus und Hof. Diese von der Versammlung 1974 ausgesprochenen Rechte des palästinensischen Volkes wurden seither jedes Jahr erneut bestätigt.
Ebenfalls 1974 lud die Generalversammlung die PLO ein, als Vertreterin des palästinensischen Volkes mit Beobachterstatus ihren Debatten beizuwohnen.
1975 ging die Generalversammlung in der Palästinafrage einen Schritt weiter und rief den Ausschuß für die Ausübung der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes ins Leben. Der Ausschuß wurde beauftragt, ein Programm zur Verwirklichung der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes auszuarbeiten. 1976 legte der Ausschuß seine diesbezüglichen Empfehlungen vor, die in zwei Teile gegliedert waren: der eine befaßte sich mitdem Recht der Palästinenser auf Heimkehr zu Haus und Hof, der zweite mit ihrem Recht auf Selbstbestimmung, nationale Unabhängigkeit und Souveränität.
Der Sicherheitsrat erörterte den Ausschußbericht, sah sich aufgrund des Vetos der Vereinigten Staaten, einem ständigen Mitglied des Rates, jedoch außerstande, einen Beschluß zu fassen. Der Rat nahm sich in der Folge wiederholt der Angelegenheit an, vertagte die Frage aber immer wieder mangels eines entsprechenden Beschlusses.
Bis 1993 verfolgte der Ausschuß die Lage in bezug auf die Rechte der Palästinenser und berichtete der Generalversammlung und dem Sicherheitsrat über seine Erkenntnisse. Mit Seminaren, Symposien und anderen Veranstaltungen verstärkte er den internationalen Informationsstand über die Palästinafrage und verankerte er die Notwendigkeit einer friedlichen Regelung auf der Grundlage der Ausübung der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes im Bewußtsein der Weltöffentlichkeit.
DIE INTIFADAH
Anfang Dezember 1987 erhoben sich nach einem Zwischenfall in Gaza die Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen in spontanem Protest gegen die israelische Besetzung. Die Palästinenser setzten ihren Aufstand auch in den folgenden Jahren fort und lenkten damit stärker als je zuvor die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf ihre nationalen Bestrebungen und ihre massive Ablehnung der Besetzung.
Auslösender Faktor für die Intifadah waren unter anderem die Bedingungen im palästinensischen Gebiet seit mehr als 20 Jahren der militärischen Besetzung, die durch die Beschlagnahme von Land und dessen Besiedelung durch israelische Bürger sowie durch die Einschränkung der Bürgerrechte geprägt waren. Seit dem Beginn des Aufstandes beteiligen sich Palästinenser aus allen gesellschaftlichen Gruppierungen, Jugendliche ebenso wie Kaufleute, Arbeiter, Frauen und Kinder, an Massendemonstrationen, wirtschaftlichen Boykottmaßnahmen, Streiks, Steuerstreiks und Protesten, bei denen auch Steine geworfen wurden.
Der Ausschuß für die Ausübung der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes, der Sonderausschuß zur Untersuchung israelischer Praktiken, die die Menschenrechte der Bevölkerung der besetzten Gebiete beeinträchtigen, und das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) verfolgten die Situation aus nächster Nähe.
Sie berichteten über harte Maßnahmen der Besatzungsbehörden, etwa den Einsatz scharfer Munition gegen Demonstranten und die Anwendung der Prügelstrafe. Weit über 1000 Palästinenser kamen im Verlauf der Intifadah ums Leben, Zehntausende erlitten Verletzungen. Tausende von Palästinensern wurden festgenommen, Tausende in israelische Gefängnisse gebracht, viele aus dem besetzten palästinensischen Gebiet an andere Orte verschleppt. In den Berichten war von Mißhandlung und Folter während der Haft die Rede, vom Einsatz von Tränengas in tödlichen Dosen, von exzessivem Gebrauch scharfer Munition, Prügeln und anderen strengen Strafen. Die Besatzungsbehörden griffen auch verstärkt zu unterschiedlichen kollektiven Vergeltungsmaßnahmen: Sie rissen Häuser ab, verhängten lange Ausgangssperren und behinderten das Wirtschaftsleben durch restriktive Maßnahmen.
Durch lange Sperren der Schulen und Universitäten und das Verbot anderer Formen des Unterrichts wurde das Bildungswesen lahmgelegt. Die sozialen Dienste wurden beschnitten, Medien und Bürgerorganisationen verboten. Im Obst- und Gemüse[an]bau wurden Zehntausende von Bäumen ausgerissen, ganze Ernten vernichtet. Gewalt und Aggression seitens der israelischen Siedler, hieß es in den Berichten, hätten sowohl an Zahl wie an Schwere zugenommen. Angesichts dieser Situation versuchten die Palästinenser trotz minimaler Erfolgsaussichten, die schlimmste wirtschaftliche Not durch den Aufbau einer örtlichen Selbstversorgung zu verhindern.
Der Sicherheitsrat, die Generalversammlung und der Generalsekretär reagierten auf die Maßnahmen der Besatzungsbehörden gegen die Intifadah mit großer Sorge. Seit dem Beginn der Intifadah hatten sie sich, erstmals mit der Resolution 605 (1987) des Sicherheitsrats vom 22. Dezember 1987, intensiv mit der Frage beschäftigt, wie die Sicherheit und der Schutz der Palästinenser im besetzten Gebiet im Sinne des (Vierten) Genfer Abkommens zum Schütze von Zivilpersonen in Kriegszeiten gewährleistet werden könnten.
Eine Reihe diesbezüglicher Maßnahmen, die im Sicherheitsrat eingebracht und erörtert wurden, konnte nicht angenommen werden, da unter den ständigen Mitgliedern kein Konsens zustande kam. Am 20. Dezember 1990 ersuchte schließlich der Sicherheitsrat den Generalsekretär einstimmig, dringend neue Anstrengungen mit dem Ziel zu untenivehmen, sich einen Überblick über die Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung unter israelischer Besetzung zu verschaffen und die Lage weiter zu beobachten. Außerdem forderte er Israel eindringlich dazu auf, das Vierte Genfer Abkommen in allen besetzten Gebieten anzuwenden. Israel steht im Gegensatz hierzu auf dem Standpunkt, daß eine Anwendbarkeit des Abkommens nicht gegeben sei und daß es sich im übrigen ohnehin daran halte.
BEMÜHUNGEN UM EINE FRIEDLICHE LÖSUNG
Von Anfang der siebziger bis in die achtziger Jahre hinein wurde innerhalb und außerhalb der Vereinten Nationen immer wieder versucht, die auf diplomatischer Ebene festgefahrene Situation im Nahen Osten zu beenden und die Parteien zur Wiederaufnahme und zum erfolgreichen Abschluß des Prozesses der Friedensverhandlungen zu bewegen, um nach Beendigung des arabisch-israelischen Kriegs von 1973 zu einem umfassenden Frieden zu gelangen. Unmittelbar nach Ausbruch der Feindseligkeiten im Oktober 1973 nahm der Sicherheitsrat einstimmig die Resolution 338 (1973) an, in der er zu einer sofortigen Feuereinstellung und zur Beendigung aller Kampfhandlungen aufrief. Die Parteien wurden aufgefordert, sofort nach erfolgter Feuereinstellung mit der Durchführung der Resolution 242 (1967) „in all ihren Teilen" zu beginnen, und sie wurden dazu aufgerufen, sofort und gleichzeitig mit der Feuerpause unter einer geeigneten Schirmherrschaft Verhandlungen über die Herbeiführung eines gerechten und dauerhaften Friedens im Nahen Osten aufzunehmen.
Im Dezember 1973 trat in Genf unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen eine Internationale Friedenskonferenz zusammen, bei der die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten gemeinsam den Vorsitz führten. Von den Parteien waren Ägypten, Israel und Jordanien vertreten, Syrien verweigerte die Teilnahme. Nach drei Sitzungen vertagte sich die Konferenz auf unbestimmte Zeit, nachdem man sich darauf geeinigt hatte, die Arbeit durch eine militärische Arbeitsgruppe fortzusetzen.
Die Arbeitsgruppe spielte eine wichtige Rolle beim Abschluß der Abkommen über die Truppenentflechtung zwischen Ägypten und Israel im Januar 1974 und Oktober 1975. Sie war auch am Abschluß eines Truppenentflechtungsabkommens zwischen Syrien und Israel im Mai 1974 beteiligt. Diese Abkommen wurde mit Unterstützung der Friedenstruppen der Vereinten Nationen durchgeführt: durch UNEF II im ägyptisch-israelischen Sektor und durch die Beobachtertruppe der Vereinten Nationen für die Truppenentflechtung (UNDOF) im israelisch-syrischen Sektor.
Zwischen 1974 und 1977 kam es auf verschiedenen Ebenen zu Bemühungen um die Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses. Der Sicherheitsrat ersuchte die Parteien wiederholt, die Resolution 338 (1973) zu befolgen. Die Generalversammlung rief immer wieder zur Fortsetzung der Genfer Friedenskonferenz auf. Anfang 1977 berichtete der Generalsekretär dem Sicherheitsrat nach einem Besuch im Nahen Osten, daß eine Vereinbarung über die Wiederaufnahme derKonferenz an unüberwindlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien gescheitert sei. Die ersten Schwierigkeiten hätten sich bereits bei der Frage der Teilnahme der PLO ergeben, die von Israel abgelehnt werde.
Der Besuch des ägyptischen Präsidenten Anwar al-Sadat im November 1977 in Jerusalem brachte Bewegung in die Lage im Nahen Osten. In der Folge fanden auf Vermittlung der Vereinigten Staaten direkte Verhandlungen zwischen Ägypten und Israel statt, die im September 1978 zur Unterzeichnung zweier Rahmenvereinbarungen für Friedensverträge, den sogenannten Camp-David-Verträgen, führten. Trotz vehementer Proteste seitens der meisten anderen arabischen Staaten und der PLO kam es dann im März 1979 zur Unterzeichnung eines Friedensvertrags zwischen den beiden Ländern und im April 1982 zum Rückzug der israelischen Streitkräfte vom Sinai.
Im Anschluß an die israelische Invasion im Libanon und die Evakuierung der PLO-Kämpfer aus Beirut forderte der Präsident der Vereinigten Staaten, Ronald Reagan, am 1. September 1982 die gemeinsame Selbstverwaltung der besetzten Gebiete durch die Palästinenser und Jordanien, da dies, so der US-Präsident, die besten Chancen für „einen dauerhaften, gerechten und gesicherten Frieden" biete. Ferner forderte er einen Besiedlungsstopp durch Israel. Seine Friedensinitiative gründete sich auf den in Resolutionen 242 (1967) und 338 (1973) des Sicherheitsrats verankerten Grundsatz „Land für Frieden".
Im selben Monat verabschiedete die Zwölfte Gipfelkonferenz der Arabischen Liga in Fez (Marokko) eine Erklärung, in der der Rückzug Israels aus den im Jahre 1967 besetzten Gebieten, die Auflösung der israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten, die Bekräftigung des Rechts der Palästinenser auf Selbstbestimmung und die Errichtung eines unabhängigen Palästinenserstaates nach einer Übergangszeit unter der Kontrolle der Vereinten Nationen gefordert wurden. In der Erklärung von Fez wurde ferner der Sicherheitsrat aufgefordert, den Frieden „zwischen allen Staaten in der Region, einschließlich des unabhängigen Palästinenserstaates" zu gewährleisten. Noch im selben Jahr sprach sich auch die Generalversammlung für den arabischen Friedensplan aus.
Inzwischen hatte die Generalversammlung 1981 beschlossen, eine internationale Konferenz einzuberufen, da, wie sie mit Besorgnis feststellte, immer noch keine gerechte Lösung für die Palästinafrage gefunden worden war. Die Internationale Konferenz über die Ralästinafrage fand vom 29. August bis 7. September 1983 im Genfer Büro der Vereinten Nationen statt. Vertreten waren 137 Staaten – 117 als vollberechtigte Teilnehmer und 20 als Beobachter – sowie die PLO. Diese Initiative fand allerdings nicht die Zustimmung aller Beteiligten: Israel, die Vereinigten Staaten und einige andere Länder hatten sich gegen die Abhaltung der Konferenz ausgesprochen. Die Konferenz verabschiedete per Akklamation eine Erklärung über Palästina und stimmte einem Aktionsprogramm für die Durchsetzung der Rechte der Palästinenser zu, das Empfehlungen für Maßnahmen seitens der Staaten, der Organe der Vereinten Nationen sowie zwischen- [IGOs] bzw. nichtstaatlicher Organisationen (NGOs) enthielt. Die Konferenz vertrat die Ansicht, daß eine internationale Friedenskonferenz über den Nahen Osten unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen, an der alle Parteien des arabisch-israelischen Konflikts gleichberechtigt teilnehmen, unerläßlich sei.
Die Generalversammlung befürwortete die Erklärung noch im selben Jahr und begrüßte die auf der Genfer Konferenz erhobene Forderung nach einer internationalen Friedenskonferenz über den Nahen Osten. Die Versammlung wiederholte in der Folge bis zum Ende der achtziger Jahre mit immer größerem Nachdruck die Forderung nach einer solchen Konferenz.
Im Dezember 1988 – die Generalversammlung tagte in Genf, um eine Erklärung des PLO-Vorsitzenden Jasir Arafat zu hören -sprach sich die Versammlung mit einem bis dahin nie erreichten Grad an Zustimmung für die Einberufung der vorgeschlagenen Friedenskonferenz aus. In Resolution 43/176, die mit 138 Ja-Stimmen und 2 Gegenstimmen bei zwei Stimmenthaltungen angenommen wurde, verlangte sie die Einberufung der Internationalen Friedenskonferenz über den Nahen Osten unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen unter gleichberechtigter Beteiligung sämtlicher Konfliktparteien einschließlich der Palästinensischen Befreiungsorganisation und der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats auf der Grundlage der Ratsresolutionen 242 (1967) und 338 (1973) und der legitimen nationalen Rechte des palästinensischen Volkes, vor allem seines Rechts auf Selbstbestimmung.
Diese Tagung der Generalversammlung fand übrigens nur kurze Zeit nach einer bedeutsamen Tagung des Palästinensischen Nationalrats (PNC) statt, die im November 1988 in Algier abgehalten worden war. Nachdem sich Jordanien im Juli 1988 rechtlich wie administrativ aus dem Westjordanland zurückgezogen hatte, gab der PNC zwei Dokumente von eminenter Bedeutung heraus: erstens ein Politisches Kommunique, in dem der PNC seine Entschlossenheit bekundete, die Palästinafrage im Einklang mit der Charta und den Resolutionen der Vereinten Nationen einer umfassenden politischen Regelung zuzuführen, und zweitens die Unabhängigkeitserklärung des Staates Palästina, in der der PNC die Errichtung des Staates Palästina mit Jerusalem als seiner Hauptstadt im Einklang mit dem Völkerrecht einschließlich der Resolution 181 (II) der Generalversammlung von 1947 verkündete, in der die Teilung Palästinas in einen arabischen und einen jüdischen Staat verfügt worden war. Die PLO hatte mit diesen beiden Dokumente de facto den Staat Israel anerkannt. Arafat bestätigte dies ausdrücklich auf der Tagung der Generalversammlung im Dezember in Genf, als er „das Recht aller am Nahostkonflikt beteiligten Parteien auf eine Existenz in Frieden und Sicherheit gemäß Resolution 242, einschließlich des Staates Palästina, des Staates Israel und der anderen Nachbarstaaten", anerkannte.
1989 wurden mehrere Vorschläge gemacht: Israel startete eine Friedensinitiative auf der Grundlage seiner bekannten Positionen, einschließlich von Wahlen; Ägypten schlug Grundsätze für einen möglichen Friedensprozeß vor, der zu Wahlen unbestimmter Art im besetzten palästinensischen Gebiet führen sollte; der amerikanische Außenminister James Baker reagierte auf den israelischen Plan mit einem Gegenvorschlag, der vier Grundsätze zur Förderung des Friedensprozesses im Nahen Osten enthielt; diese aus den Ratsresolutionen 242 und 338 abgeleiteten Grundsätze gestanden weder Israel noch einem unabhängigen palästinensischen Gebilde die ständige Kontrolle über das Westjordanland und den Gazastreifen zu. Der Sicherheitsrat schließlich schloß sich, wie einer Erklärung seines Präsidenten am 20. Dezember 1990 zu entnehmen war, der Auffassung an, daß eine internationale Konferenz zu einem geeigneten Zeitpunkt die Bemühungen um eine Regelung des arabisch-israelischen Konflikts auf dem Verhandlungsweg und einen dauerhaften Frieden in der Region erleichtem würde.
Bis zum Jahr 1991 waren im Weltgeschehen tiefgreifende Änderungen vor sich gegangen, etwa das Ende des Kalten Kriegs, Anpassungen in der Außenpolitik der Großmächte sowie der Golfkrieg und seine Auswirkungen, die auch die Lage im Nahen Osten beeinflußten. Im Oktober 1991 kam wieder Bewegung in den Verhandlungsprozeß, als unter dem gemeinsamen Vorsitz der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion die historische Nahost-Friedenskonferenz in Madrid zusammentrat. Ein Vertreter des Generalsekretärs der Vereinten Nationen nahm als Beobachter an der Konferenz teil.
Die Formel für die praktische Abwicklung des Friedensprozesses war zugleich kompliziert und transparent: Sie entsprach einerseits dem Verlangen Israels nach einer Verhandlung „eins zu eins", verlieh dem eingeleiteten Prozeß jedoch gleichzeitig die Form einer internationalen Konferenz. Sie schuf die erforderlichen Voraussetzungen für bilaterale Verhandlungen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten (dem Libanon, Jordanien und Syrien) und den Palästinensern, die gemeinsam mit Jordanien eine Delegation stellten. Zur selben Zeit begannen im Januar 1992 multilaterale Verhandlungen über regionale Aspekte einer Vielzahl von Fragen, die allen Teilnehmern und sonstigen interessierten Staaten offenstanden. Die Vereinten Nationen nahmen nicht teil, doch hatten sie mit den Ratsresolutionen 242 und 338 die Grundlagen für die Konferenz geschaffen.
1992 luden die Vereinigten Staaten und die Russische Föderation (die ehemalige Sowjetunion) als gemeinsame Veranstalter der Konferenz die Vereinten Nationen zur vollen Teilnahme an den multilateralen Verhandlungen ein. 1993 ernannte der Generalsekretär Chinmaya Gharekhan zu seinem Sonderbeauftragten für die multilateralen Nahost-Verhandlungen. Seine Aufgabe ist die Koordinierung der Rolle der Vereinten Nationen in den Arbeitsgruppen über Rüstungskontrolle und regionale Sicherheit, Wasser, Umwelt, wirtschaftliche und regionale Entwicklung und Flüchtlinge.
Mitte 1993 schienen die bilateralen Gespräche über verschiedene politische und sicherheitstechnische Fragen ins Stocken geraten zu sein. Es gab scheinbar keinerlei Fortschritte mehr in wesentlichen Fragen zwischen den Israelis und ihrem jeweiligen Gesprächspartner (Palästinensern, Syrien, Jordanien und dem Libanon). Zur selben Zeit fanden allerdings unter strengster Geheimhaltung, nur einigen wenigen Eingeweihten bekannt, in Norwegen Gespräche zwischen Israel und der PLO statt.
Die geheime „Oslo Connection", die ursprünglich Ende 1992 von einem norwegischen Privatmann gemeinsam mit einem hochrangigen PLO-Funktionär und einem israelischen Wissenschaftler „eingefädelt" worden war, kam inzwischen unter der Leitung des mittlerweile verstorbenen norwegischen Außenministers Johan Joergen Holst zügig voran. Die Osloer Gespräche wurden Ende August 1993 erfolgreich abgeschlossen, und die staunende Welt hörte die Nachricht über die zustandegekommene Einigung zwischen Israel und der PLO mit neuer Hoffnung.
Am 10. September 1993 erfolgte der Austausch gegenseitiger Anerkennungsnoten zwischen Israel und der PLO. Die PLO erkannte Israels Existenzrecht an, Israel erkannte die PLO als Vertreterin des palästinensischen Volkes an.
Drei Tage später, am 13. September 1993, unterzeichneten die Vertreter Israels und der PLO in einem Festakt im Weißen Haus in Washington, D.C., im Beisein des amerikanischen Präsidenten Bill Clinton und des russischen Außenministers Andrej V. Kosirew die Grundsatzerklärung über Regelungen betreffend eine vorläufige Selbstregierung. Nach der Unterzeichnung kam es zum Handschlag zwischen dem israelischen Premierminister Itzhak Rabin und dem PLO-Vorsitzenden Jasir Arafat.
Das historische Übereinkommen, das den Rückzug Israels und die Errichtung einer vorläufigen Selbstverwaltung der Palästinenser zuerst im Gazastreifen, dann in der westjordanischen Stadt Jericho und schließlich im restlichen Westjordanland vorsieht, ebnete somit den Weg für eine spätere Autonomie der Palästinenser. Andere heikle Fragen wie die israelischen Siedlungen, Jerusalem, die Rückkehr der Palästinaflüchtlinge, die zukünftigen Grenzen und der Status von Palästina sollen in weiteren Verhandlungen geregelt werden, die spätestens zwei Jahre nach dem Rückzug Israels aus dem Gazastreifen und dem Gebiet um Jericho beginnen sollen. Der Rückzug leiteteine fünfjährige Übergangsperiode (interim period) ein, an deren Ende die Verhandlungen soweit gediehen sein sollten, daß eine endgültige Lösung im Sinne der Resolutionen 242 und 338 des Sicherheitsrats gefunden ist.
Die Unterzeichnung der Grundsatzerklärung wurde vom Generalsekretär der Vereinten Nationen, Boutros Boutros-Ghali, begrüßt. Eine der praktischen Auswirkungen des Übereinkommens war die zunehmende Bedeutung der operativen Rolle der Vereinten Nationen bei der Hilfeleistung für das palästinensische Volk.
Es wird sich erst später in diesem Jahrzehnt zeigen, inwieweit die Vereinten Nationen zur Verwirklichung des Friedens beitragen können, doch hat die in der Weltorganisation zusammengeschlossene Staatengemeinschaft von sich aus große Bereitschaft erkennen lassen, die neue Ära in den palästinensisch-israelischen Beziehungen zu unterstützen und ihren Beitrag dazu zu leisten. Dies kommt nicht nur in der weltweiten Reaktion auf den Entwicklungsbedarf der Palästinenser und ihre wirtschaftlichen Bedürfnisse zum Ausdruck, sondern auch im höchsten politischen Gremium, der Generalversammlung.
Bei der Tagung der Generalversammlung 1993 wurde die mehrere Jahre hindurch immer wieder und in den unterschiedlichsten Formulierungen verabschiedete Resolution, in der die Einberufung einer internationalen Friedenskonferenz unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen gefordert wurde, durch eine andere Resolution mit dem Titel „Friedliche Regelung der Palästinafrage" ersetzt, in der die Versammlung die Grundsatzerklärung unterstützt und eine Reihe von Prinzipien festlegt, die bei der Herbeiführung einer endgültigen Regelung zu beachten sein werden. In der Resolution wird die bleibende Verantwortung der Vereinten Nationen für die Palästinafrage bekräftigt und der Generalsekretär ersucht, seine Bemühungen bei den Parteien im Interesse der Förderung des Friedens in der Region in Rücksprache mit dem Sicherheitsrat fortzusetzen. Eine Resolution mit dem Titel „Der Friedensprozeß im Nahen Osten", in der die neuen Entwicklungen begrüßt wurden, fand die Unterstützung von über 100 Ländern und wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen. Gleichzeitig wurde eine Beschlußfassung zu der Resolution über die Intifadah, welche die Generalversammlung seit 1988 alljährlich verabschiedet hatte, zurückgestellt.
Nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen über die praktische Umsetzung der Grundsatzerklärung kam es am 4. Mai 1994 in Kairo zu einem ersten wichtigen Schritt durch den Abschluß eines Vertrags zwischen Israel und der PLO über die palästinensische Selbstverwaltung im Gazastreifen und im Gebiet um Jericho, des sogenannten „Gaza-Jericho-Abkommens", worin der Rückzug Israels aus dem Gazastreifen und dem Gebiet um Jericho vereinbart und den Palästinensern zum ersten Mal ein gewisses Maß an Autonomieeingeräumt wird. Den Palästinensern wird die Kontrolle über alle innenpolitischen Belange und Abläufe zugestanden, einschließlich Wahlen, Steuereinhebung, Gesetzgebung und Gesetzesvollzug; es wird eine 24-köpfige palästinensische Behörde mit legislativen und exekutiven Befugnissen eingerichtet. Die Palästinenser werden außerdem ihre eigene Polizeitruppe von bis zu 9000 Mann aufstellen. Der Vertrag leitete eine fünfjährige Übergangsperiode (interim period) ein, in der eine endgültige Regelung des Status des besetzten palästinensischen Gebiets ausgehandelt werden soll.
2 THEMEN
DIE PALÄSTINAFLÜCHTLINGE
Die Kampfhandlungen, die mit der Errichtung des Staates Israel im Jahre 1948 einhergingen, machten fast 750.000 Palästinenser zu Flüchtlingen. Die meisten von ihnen flohen in das unter jordanischer Verwaltung stehende Gebiet westlich des Jordan, andere in den zu Ägypten gehörenden Gazastreifen, nach Jordanien, in den Libanon, nach Syrien, nach Ägypten oder noch weiter. Im Zuge des arabischisraelischen Konflikts von 1967 wurden weitere 500.000 Palästinenser vertrieben, 240.000 von ihnen zum zweiten Mal.
Im November 1948 verabschiedete die Generalversammlung ihre erste Resolution über Hilfe für die Palästinaflüchtlinge. Als Reaktion auf einen Bericht des amtierenden Vermittlers Ralph Bunche, dem zufolge „die Lage der Flüchtlinge nun kritische Ausmaße" angenommen hat, rief die Versammlung die Palästinaflüchtlingshilfe der Vereinten Nationen (UNRPR) ins Leben. Während ihres kurzen Bestehens Bediente sie sich zur Weiterleitung der Nothilfe für Flüchtlinge aus Palästina internationaler Wohlfahrtsorganisationen.
Am 11. Dezember 1948 erklärte die Versammlung in Resolution 194 (III), daß Flüchtlinge, die heimkehren und mit ihren Nachbarn in Frieden leben wollten, dazu die Möglichkeit erhalten sollten, sobald die Umstände dies zuließen, und daß diejenigen, die sich gegen die Rückkehr entschieden, für den Verlust ihres Besitzes entschädigt werden müßten. Mit dieser Resolution wurde die Schlichtungskommission für Palästina eingerichtet, die unter anderem den Auftrag hatte, bei der Rückführung und Wiederansiedlung der Flüchtlinge sowie bei ihrer wirtschaftlichen und sozialen Integration Hilfestellung zu leisten. Die Bemühungen der Kommission um die Rückführung der Palästinenser blieben erfolglos.
Als die Chancen auf die baldige Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimstätten schwanden, traf die Generalversammlung langfristigere Vorkehrungen. Im Dezember 1949 errichtete sie – als Nachfolgeorganisation der UNRPR – das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), welches sich in Zusammenarbeit mit den Regierungen der Region der Flüchtlinge annehmen sollte.
Von seinem Sitz in Beirut aus übernahm UNRWA im Mai 1950 die von internationalen Hilfsorganisationen improvisierten Operationen. In den ersten Jahren befaßte sich UNRWA vorwiegend mit Soforthilfe in Form von Nahrungsmitteln, Unterkünften und Kleidung. Im Laufe der Jahre wurde das Hilfsprogramm den sich verändernden Bedürfnissen der Flüchtlinge angepaßt.
Heute werden nahezu 50 Prozent der UNRWA-Gelder für das Bildungswesen – den Unterricht der palästinensischen Kinder -ausgegeben; 18 Prozent gehen ins Gesundheitswesen, 11 Prozent sind Ausgaben für Fürsorge und soziale Dienste. Im Schuljahr 1992/93 besuchten mehr als 390.000 Kinder die 641 Grund- und Hauptschulen des Hilfswerks. 1993 beliefen sich die UNRWA-Ausgaben für das ordentliche Programm und das Sonderprogramm auf 306 Millionen US-Dollar.
1993 betreute UNRWA über 2,8 Millionen registrierte Flüchtlinge, fast die Hälfte der geschätzten palästinensischen Bevölkerung. Nicht ganz ein Drittel der registrierten Palästinaflüchtlinge lebt in Flüchtlingslagern in den besetzten Gebieten und in arabischen Aufnahmeländern. Das Hilfswerk versorgt aus seinem Fürsorgeprogramm diejenigen, die nicht selbst für sich sorgen können, mit Lebensmitteln, Decken, Kleidung und kleinen Geldbeträgen. Mit der fachlichen Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt UNRWA auch die medizinische Versorgung sowohl in der Vorsorge- und Unfallmedizin als auch in Behandlung und Rehabilitation sicher. Im Bildungswesen ist UNRWA in Zusammenarbeit mit der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) aktiv.
Die eminent wichtige humanitäre Rolle des Hilfswerks trat in den letzten Jahren durch die Ereignisse im Libanon, den Palästinenseraufstand im Westjordanland und im Gazastreifen, den Golfkrieg von 1991 und durch die seither verhängten langen Schulsperren im besetzten palästinensischen Gebiet immer mehr in den Vordergrund. Der Bürgerkrieg im Libanon Mitte der siebziger Jahre forderte zahlreiche Todesopfer und brachte viel Leid über die libanesische und palästinensische Bevölkerung. Das Hilfswerk sah sich gezwungen, seinen Sitz aus der libanesischen Hauptstadt zu verlegen. Mit der israelischen Invasion des Libanon im Jahre 1982 und der daran anschließenden Libanonkrise wurden die Arbeitsbedingungen für das Hilfswerk immer schwieriger, und es mußte eine Notversorgung für die durch die Krise schwer in Mitleidenschaft gezogenen Palästinenser im Lande eingerichtet werden. Im Zuge der Kampfhandlungen Ende der achtziger Jahre in Beirut wurden zahlreiche Flüchtlingsunterkünfte und UNRWA-Einrichtungen zerstört oder schwer beschädigt.
Die Intifadah mit ihren Streiktagen, Ausgangssperren, militärischen Sperrgebieten und anderen Strafmaßnahmen seitens der israelischen Behörden richtete in dem Gebiet großen Schaden in der Wirtschaft und im Geschäftsleben an. Das Hilfswerke mußte den für die Notsituation eingerichteten Fonds aufstocken, um die am dringendsten benötigten Aktivitäten im besetzten Gebiet finanzieren zu können.
Die Anzahl der internationalen UNRWA-Mitarbeiter im besetzten palästinensischen Gebiet wurde von 1988 bis 1993 von 15 auf 51 erhöht. Sie sorgten für internationalen Schutz, indem sie dazu beitrugen, Spannungen abzubauen, exponierte Einzelpersonen vor Mißhandlungen zu schützen, die Behinderung von Rettungswagen abzustellen und die Versorgung mit Lebensmitteln und ärztlicher Hilfe in Zeiten der Ausgangssperre sicherzustellen.
Nach der Unterzeichnung der Grundsatzerklärung über Regelungen betreffend eine vorläufige Selbstregierung am 13. September 1993 erkannte UNRWA, daß das Flüchtlingsproblem erst zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Gesamtlösung nach erfolgter Verwirklichung der vorläufigen Regelungen für das Westjordanland und den Gazastreifen gelöst werden könne und rief eine neue, wichtige Initiative ins Leben, das Programm zur Verwirklichung des Friedens. Schwerpunkt des Programms ist die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Palästinaflüchtlinge im Westjordanland und im Gazastreifen. Zu den Projekten zählen Bauvorhaben und die soziale Entwicklung, Geschäftsdarlehen, Schulungsprogramme, Einkommensförderung, Sanierung und Ausbau von Schulen bzw. von Frauen- und Jugendzentren und der gesamte Problemkreis der Umwelthygiene. Partner von UNRWA sind dabei die Weltbank, andere Organisationen der Vereinten Nationen, örtliche und internationale nichtstaatliche Organisationen (NGOs), die Regierungen von Gastländern und die im Entstehen befindlichen palästinensischen Behörden. Alle diese Aktivitäten sollen den durch die Unterzeichnung der Grundsatzerklärung eingeleiteten Wandel absichern und verstärken.
Das Hilfswerk hat sich stets als Einrichtung auf Zeit verstanden. Angesichts der Grundsatzerklärung und des Entstehens der palästinensischen Behörde, die für alle Sektoren zuständig sein wird, in denen UNRWA tätig ist, wird sich das Hilfswerk mit seinem umfangreichen Stab von rund 20.000 palästinensischen Mitarbeitern auf die Bereiche konzentrieren, die in naher Zukunft den Palästinensern unterstehen werden.
Der UNRWA-Generalkommissar stellte im November 1993 vor dem Sonderausschuß der Generalversammlung für politische Fragen und Entkolonialisierung fest, daß bei allem Engagement, mit dem das Hilfswerk auch in den kommenden Jahren seiner Verantwortung nachkommen wird, „wir nunmehr konkret das Gefühl haben, daß die Aufgabe, die uns vor 40 Jahren übertragen wurde, ihrem Ende zugeht. Von nun an werden wir danach trachten, diese Aufgabe so erfolgreich wie möglich abzuschließen."
DIE ISRAELISCHEN SIEDLUNGEN IN DEN BESETZTEN GEBIETEN
1971 waren die ersten Anzeichen für die politische Absicht Israels zu erkennen, in den seit 1967 besetzten palästinensischen und anderen arabischen Gebieten Siedlungen zu errichten. Seit 1977 hat sich die israelische Besiedlungstätigkeit, die bis zum heutigen Tag andauert, beschleunigt fortgesetzt. Die Zahl der Siedler im Westjordanland ohne Ostjerusalem beträgt heute 120.000, im Gazastreifen 4000.
Der Sicherheitsrat, der sich im März 1979 mit dieser Frage befaßte, bekräftigte die Geltung des Vierten Genfer Abkommens, welches die Besiedlung von besetztem Gebiet untersagt, und erklärte, daß die israelische Politik und Praxis in der Frage der Siedlungen „jeder Rechtsgrundlage entbehrt und sich als schwerwiegendes Hindernis für einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten erweist". Der Rat forderte Israel auf, keine Handlung zu setzen, die den rechtlichen Status, den geographischen Charakter und die demographische Zusammensetzung der seit 1967 besetzten arabischen Gebiete verändern würde. Er verlangte insbesondere, daß Israel darauf verzichtet, Teile seiner eigenen Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten anzusiedeln. Er richtete eine dreiköpfige Kommission des Sicherheitsrats zur Prüfung der Lage hinsichtlich der israelischen Siedlungen ein.
Im Juli 1979 beklagte der Rat nachdrücklich die mangelnde Bereitschaft Israels, die Kommission bei der Ausarbeitung ihres Berichts zu unterstützen, und unterstrich die Notwendigkeit, die Frage der bereits vorhandenen Siedlungen anzusprechen. Er rief „die Regierung und das Volks Israels" auf, „die Gründung, den Bau und die Planung von Siedlungen umgehend einzustellen".
Nach Mordversuchen an den Bürgermeistern von drei palästinensischen Städten rief der Rat im Juni 1980 die Staaten auf, Israel keinerlei Unterstützung zu gewähren, die konkret im Zusammenhang mit den israelischen Siedlungen genutzt werden könnte. Er äußerte seine tiefe Besorgnis, daß die jüdischen Siedler in den besetzten Gebieten Waffen tragen durften, wodurch sie in die Lage versetzt würden, Verbrechen an der arabischen Zivilbevölkerung zu begehen.
Die Versammlung ersuchte den Generalsekretär 1983, einen ausführlichen Bericht über die bereits eingetretenen und die zu erwartenden Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die Lebensbedingungen der Palästinenser zu erstellen. In dem 1984 vorgelegten Bericht des Generalsekretärs hieß es bezüglich der direkten Auswirkungen der israelischen Siedlungen zusammenfassend, daß die Politik Israels als Besatzungsmacht, insbesondere die Errichtung von Siedlungen, nachteilige Folgen für das soziale und wirt-schaftliche Leben der Palästinenser in den besetzten Gebieten habe, was durch spätere Berichte bestätigt wurde.
Nach der Machtübernahme einer sozialdemokratischen Regierung in Israel im Jahre 1992 hoffte man auf ein Umdenken in der Siedlungspolitik. Im Regierungsprogramm der Arbeiterpartei wurde beteuert, daß keine neuen Siedlungen errichtet und bestehende Siedlungen mit Ausnahme der in „Groß-Jerusalem", im Jordantal und auf den Golanhöhen nicht ausgebaut würden. Die Siedlungen in den beiden letztgenannten Gebieten bezeichnete man als „Sicherheitssiedlungen" – im Gegensatz zu den „politischen Siedlungen", die in und im Umkreis von palästinensischen Kemzonen errichtet worden waren. Die neue Regierung war dennoch entschlossen, außerhalb dieser beiden Regionen frühere Zusagen betreffend die Errichtung von 11.000 neuen Wohneinheiten in den Gebieten zur Unterbringung von 50.000 weiteren israelischen Siedlern einzuhalten. Im Gebiet Groß-Jerusalem, das heute rund 100 Quadratmeilen um die Altstadt umfaßt, dürfen nach wie vor Siedlungen errichtet werden.
In der Grundsatzerklärung vom 13. September 1993 heißt es, daß die Frage der Siedlungen erst im Rahmen der Verhandlungen über den endgültigen Status behandelt werden solle, die spätestens am Anfang des dritten Jahres nach dem Beginn der Übergangszeit (interim period) aufzunehmen seien. Bis dahin bleibt Israel rechtlich und administrativ für die Siedlungen und ihre Bewohner zuständig und für deren Sicherheit verantwortlich.
DER STATUS VON JERUSALEM
In Resolution 181 (II) der Generalversammlung aus dem Jahre 1947 über die Teilung Palästinas war ein entmilitarisiertes Jerusalem als eigene Rechtspersönlichkeit unter der Schirmherrschaft des Treuhandrates der Vereinten Nationen vorgesehen, der eine Verfassung für Jerusalem ausarbeiten und einen Gouverneur ernennen würde. Dann sollten nach dem Prinzip des allgemeinen Wahlrechts Wahlen für eine gesetzgebende Versammlung stattfinden. Die Verfassung sollte 10 Jahre in Kraft bleiben und nach Ablauf dieser Zeitspanne vom Treuhandrat überprüft werden. Die Bürger sollten an diesem Entscheidungsprozeß in Form eines Volksentscheids mitwirken.
Die Durchführung der Resolution wurde jedoch durch den Ausbruch der Feindseligkeiten verhindert. Israel besetzte den westlichen Sektor Jerusalems, Jordanien den östlichen Teil mit der von einer Stadtmauer umgebenen Altstadt. So kam es zur De-facto-Teilung Jerusalems.
Die Generalversammlung bekräftigte indes in ihrer Resolution 194 (III) vom 11. Dezember 1948 sowohl das Prinzip der Internationalisierung als auch bestehende Rechte. Die arabischen Staaten, die sich weigerten, Israel anzuerkennen, akzeptierten die Resolution nicht. Auch Israel ignorierte sie und unterstellte den von ihm besetzten Teil Jerusalems seiner Rechtsprechung. Am 23. Januar 1950 erklärte Israel Jerusalem zu seiner Hauptstadt und richtete im Westteil der Stadt Regierungsstellen ein. Auch Jordanien formalisierte seine Kontrolle über die Altstadt, nahm allerdings in die entsprechenden' Rechtsdokumente den Hinweis auf, daß dieser Vorgang die endgültige Lösung der Palästinafrage nicht präjudiziere.
Doch der Krieg vom Juni 1967 änderte alles. Als die Waffen schwiegen, hatte Israel Ostjerusalem und das Westjordanland besetzt. Seit damals wurde eine Reihe demographischer und das äußere Erscheinungsbild betreffender Änderungen vorgenommen, und sowohl die Generalversammlung als auch der Sicherheitsrat haben seither die von Israel ergriffenen Maßnahmen zur Änderung des Status von Jerusalem in mehreren Resolutionen für null und nichtig erklärt. Besonders markant ist in diesem Zusammenhang die Sicherheitsratsresolution 252 (1968). Der Rat äußerte darin seine Auffassung, „daß alle von Israel eingeleiteten gesetzgeberischen und administrativen Maßnahmen und Aktionen, einschließlich der Enteignung von Grund und Boden und dem darauf befindlichen Besitz, die darauf abzielen, den Rechtsstatus von Jerusalem zu ändern, keine Rechtswirksamkeit haben und den Status nicht ändern können". Israel wurde eindringlich aufgefordert, „alle bereits getroffenen derartigen Maßnahmen rückgängig zu machen und ab sofort jede weitere Aktion zu unterlassen, die den Status von Jerusalem verändern könnte". Der Sicherheitsrat hat diese beiden Standpunkte immer wieder bekräftigt.
Als Israel daran ging, ein vereinigtes Jerusalem zu seiner Hauptstadt zu machen, verabschiedete der Sicherheitsrat am 30. Juni 1980 die Resolution 476 (1980). Israel mißachtete sie, worauf der Sicherheitsrat am 20. August 1980 die Resolution 478 (1980) erließ, in der er seinen Standpunkt wiederholte, daß alle Aktionen, die den Status der Stadt verändern, null und nichtig sind, und in der er die Staaten, die in Jerusalem diplomatische Vertretungen eingerichtet hatten, aufforderte, diese an einen anderen Ort zu verlegen. Auch die Generalversammlung sah im Vorgehen Israels eine Verletzung des Völkerrechts, die jedoch an der unveränderten Gültigkeit des Vierten Genfer Abkommens nichts änderte. Diese Ansicht, die die Generalversammlung im Dezember 1980 wiederholte, wurde in den darauffolgenden Jahren immer wieder bekräftigt.
In den achtziger Jahren waren die Resolutionen der Vereinten Nationen zur Jerusalem-Frage von allgemeingültigen Aussagen gekennzeichnet – der Unzulässigkeit des gewaltsamen Gebietserwerbs und der Anwendbarkeit des Vierten Genfer Abkommens auf die von Israel seit 1967 besetzten palästinensischen Gebiete. Jerusalem wurde von der Generalversammlung und dem Sicherheitsrat stets als Teil der besetzten Gebiete angesehen.
In jüngerer Zeit waren angesichts der Besorgnis der internationalen Gemeinschaft und insbesondere des Sicherheitsrats über bedauerliche Entwicklungen in der Palästinafrage zwei Ratsresolutionen von besonderer Bedeutung. Die erste davon, Resolution 672 (1990) vom 12. Oktober 1990, wurde unter dem Eindruck der Gewalttätigkeiten in Jerusalems Haram Al-Sharif verabschiedet, wo sich die Al-Aksa-Moschee, das dritte Heiligtum des Islam, befindet. Der Rat verurteilte darin zuerst „insbesondere die Gewalttätigkeit der israelischen Sicherheitskräfte, die Todesopfer und Verletzte gefordert" habe und forderte Israel sodann auf, „sich genauestens an seine rechtlichen Verpflichtungen und Verantwortungen aus dem Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zum Schütze von Zivilpersonen in Kriegszeiten zu halten, welches auf alle von Israel seit 1967 besetzten Gebiete anzuwenden" sei.
Die Anwendbarkeit des Vierten Genfer Abkommens auf Jerusalem wurde vom Sicherheitsrat am 20. Dezember 1990 bestätigt, als er seine tiefe Besorgnis angesichts der sich verschärfenden Lage in „allen seit 1967 von Israel besetzten palästinensischen Gebieten einschließlich Jerusalems" zum Ausdruck brachte und Israel aufforderte, es auch tatsächlich anzuwenden.
Heute übersteigt die Zahl der im annektierten Ostjerusalem gemeldeten 160.000 jüdischen Bewohner bereits die der 155.000 palästinensischen Einwohner. Das amerikanische State Department vermerkt in seinem jüngsten Bericht an den Kongreß, daß die israelische Regierung keine Zusage gemacht habe, die Bautätigkeit in Ostjerusalem einzustellen oder zu verringern.
Gemäß der am 13. September 1993 von Israel und der PLO unterzeichneten Grundsatzerklärung über Regelungen betreffend eine vorläufige Selbstregierung soll die Israel-Frage im Zuge der Verhandlungen über den endgültigen Status, die spätestens am Anfang des dritten Jahres nach Beginn der Übergangszeit (interim period) aufzunehmen sind, behandelt werden.
Auf ihrer letzten Tagung stellte die Generalversammlung im Dezember 1993 einmal mehr fest, daß der Beschluß Israels, die Heilige Stadt Jerusalem seinem Recht, seiner Rechtsprechung und seiner Verwaltung zu unterstellen, illegal und als solcher null und nichtig ist.
DIE MENSCHENRECHTE IN DEN BESETZTEN GEBIETEN
Die Sorge des Sicherheitsrats um die Menschenrechte der Zivilbevölkerung in den seit 1967 von Israel besetzten Gebieten kam erstmals in seiner Resolution 237 (1967) zum Ausdruck, in der er unter anderem den betreffenden Regierungen empfahl, die humanitären Grundsätze des Vierten Genfer Abkommens von 1949 gewissenhaft einzuhalten. Dieses Abkommen zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten verbietet die Zwangsaussiedlung von Bewohnern eines besetzten Gebiets und die Besiedlung desselben durch die Zivilbevölkerung der Besatzungsmacht. Das Abkommen befaßt sich darüber hinaus mit Fragen wie etwa der Behandlung der geschützten Personen eines besetzten Gebiets und von Häftligen und verbietet kollektive Bestrafung. Israel ist dem Abkommen beigetreten.
Im Dezember 1968 rief die Generalversammlung einen aus drei Mitgliedern bestehenden Sonderausschuß zur Untersuchung israelischer Praktiken, die die Menschenrechte der Bevölkerung in den besetzten Gebieten beeinträchtigen, ins Leben und beauftragte ihn, Berichte zu erstellen, wann immer dies angezeigt erscheine. Die israelische Regierung weigerte sich von Anfang an, Besuche des Sonderausschusses in den besetzten Gebieten zur Durchführung der angeordneten Untersuchung zuzulassen. Israel vertrat beharrlich den Standpunkt, daß die Resolution, mit der der Sonderausschuß eingesetzt wurde, diskriminierend sei und von vornherein davon ausgehe, daß die behaupteten Verfehlungen tatsächlich stattgefunden hätten, obwohl der Sonderausschuß noch gar nicht mit der entsprechenden Untersuchung begonnen habe.
Seit 1970 legte der Sonderausschuß der Generalversammlung Jahresberichte und seit 1989 zwei zusätzliche Zwischenberichte vor. Da den Ausschußmitgliedern ein direkter Zugang zu den besetzten Gebieten verwehrt war, beschlossen sie, ihre Berichte anhand von Befragungen in den Nachbarstaaten zu erstellen, und zwar mit Hilfe von Auskunftspersonen, die die Menschenrechtssituation in den besetzten Gebieten aus eigener Erfahrung kennen. Eine andere Informationsquelle sind israelische und arabische Presseberichte, die in den besetzten Gebieten erscheinen. Die vom Sonderausschuß untersuchten Gebiete sind das Westjordanland einschließlich Ostjerusalems, der Gazastreifen und der besetzte syrisch-arabische Golan.
In den Berichten ist die Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten dokumentiert; angesprochen werden unter anderem Zwischenfälle im Zusammenhang mit der Intifadah, die Praxis der Rechtsprechung, die Behandlung von Häftlingen, die Behandlung palästi-nensischer Zivilisten, Maßnahmen, die Grundfreiheiten beschneiden und völkerrechtswidrige Handlungen israelischer Siedler.
Sie bestätigen, daß Israel vor allem im letzten Jahrzehnt seine Politik des De-facto-Anschlusses fortgesetzt hat, und zwar durch Maßnahmen wie etwa die Errichtung oder den Ausbau von Siedlungen, durch Beschlagnahme von Eigentum, die Ansiedlung israelischer Bürger in den besetzten Gebieten, die Abschiebung von Palästinensern aus den Gebieten und die mehr oder weniger nachdrückliche Aufforderung an Palästinenser, ihre Heimat zu verlassen. Mit derartigen Aktionen, heißt es in den Berichten, habe Israel seine Verpflichtungen als Vertragspartei des Vierten Genfer Abkommens verletzt.
Der Bericht des Sonderausschusses vom November 1993 über den Beobachtungszeitraum September 1992 bis August 1993 stellt in unmißverständichen Worten fest, daß sich die Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten trotz des im Gange befindlichen Friedensprozesses weiter verschlechtere. Im genannten Zeitraum habe die Zivilbevölkerung massiv unter den Maßnahmen der israelischen Behörden zur Unterdrückung der Intifadah zu leiden gehabt und einen hohen Blutzoll bezahlt. Die Zahl der Todesopfer besonders unter den Kindern nehme laufend zu und sei vorwiegend auf den routinemäßigen Einsatz von Einheiten in Zivil, die Lockerung der Vorschriften betreffend die Feuereröffnung und die immer häufigere Verwendung scharfer Munition zurückzuführen.
Laut dem Bericht wurde der physische und psychische Druck, dem die Bevölkerung der besetzten Gebiete ausgesetzt ist, im letzten Jahr durch eine Reihe unerhört repressiver Maßnahmen seitens der israelischen Behörden weiter verstärkt. Ende 1992 ging die Armee zu einer neuen Form der kollektiven Bestrafung über: bei der Fahndung nach gesuchten Personen begann sie, ganze Wohnviertel mit schwerem Artilleriefeuer dem Erdboden gleichzumachen. Dutzende unschuldiger Menschen wurden bei dieser Suche nach einer Handvoll Flüchtiger obdachlos.
Angesichts der eskalierenden Gewalt in den besetzten Gebieten und in Israel riegelten die israelischen Behörden die besetzten Gebiete am 31. März 1993 von der Außenwelt ab. Diese Sperre brachte noch mehr Not über die Palästinenser und hinderte rund 120.000 von ihnen daran, ihrem Broterwerb nachzugehen. Sie führte auch zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands der Bewohner in den besetzten Gebieten, da sich die wichtigsten medizinischen Einrichtungen für die Palästinenser in Jerusalem befinden. Schüler und Studenten konnten außerhalb ihres Wohnbezirks weder zum Unterricht noch in ihre Vorlesungen gehen, und über 25 Prozent von ihnen konnten sich nicht rechtzeitig in den Schulen und Universitäten anmelden. Der Zutritt zu moslemischen und christlichen heiligen Stätten war durch die Sperre ebenfalls beeinträchtigt. Laut Bericht wird der palästinensischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten systematisch der Zugang zu Wasserressourcen verwehrt. Die bewußte Politik des wirtschaftlichen Drucks, etwa das Ausreißen von Bäumen, Steuereintreibungsaktionen und behördliche Schikanen, wird weitergeführt. Die Rechtsprechung ist gekennzeichnet durch das Fehlen eines ordentlichen Gerichtsverfahrens, in vielen Fällen fehlt selbst die minimalste rechtliche Absicherung für die arabische Bevölkerung. Die Praxis der Folterung und Mißhandlung während des Verhörs und nach der Verurteilung geht weiter.
Im Bericht kommt auch die Sorge über die durch Israel im Dezember 1992 verfügte Ausweisung von mehr als 400 Palästinensern zum Ausdruck, die in der Folge ein Jahr lang unter unhygienischen, unmenschlichen Bedingungen zwischen den Fronten im Südlibanon zubringen mußten, bevor sie im Dezember 1993 heimkehren durften. Diese Aktion wurde vom Sicherheitsrat aufs schärfste verurteilt, der gleichzeitig die Anwendbarkeit des Vierten Genfer Abkommens auf das besetzte palästinensische Gebiet bekräftigte und Israel aufforderte, die sichere und sofortige Rückkehr aller Ausgewiesenen zu gewährleisten.
Im Februar 1993 beschloß die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen erstmals, einen Sonderberichterstatter über Menschenrechtsverletzungen in den besetzten arabischen Gebieten einschließlich Palästinas zu ernennen. Im September 1993 wurde der ehemalige Bundespräsident der Schweizer Eidgenossenschaft, René Felber, zum Sonderberichterstatter bestellt. Er wurde – als erste Person im offiziellen Auftrag der Menschenrechtskommission – eingeladen, die besetzten Gebiete im Januar 1994 zu besuchen und konnte mit den von ihm gewünschten Gesprächspartnern frei sprechen. In seinem Bericht vom Januar 1994 rief der Sonderberichterstatter die israelischen ebenso wie die palästinensischen Behörden auf, umgehend „Maßnahmen zu ergreifen, um die Gewalt einzudämmen, die die größte Bedrohung für den Friedensprozeß darstellen könnte".
Doch die Gewalt erreichte einen neuen Höhepunkt: Am 25. Februar 1994 tötete, nachdem es zu mehreren palästinensischen Überfällen auf Siedler gekommen war, ein israelischer Siedler 30 palästinensische Gläubige in der Ibrahim-Moschee in Hebron. Diese Tat wurde weltweit verurteilt und gab Anlaß zu großer Sorge hinsichtlich des weiteren Verlaufs des Friedensprozesses. Es wurden auch wieder Forderungen nach internationalem Schutz für die Palästinenser laut.
In Reaktion auf das Massaker forderte der Sicherheitsrat am 18. März 1994 Maßnahmen, durch die Sicherheit und Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung in allen besetzten Gebieten, unter anderem durch eine vorübergehende internationale oder ausländische Präsenz, gewährleistet sind. Der Rat verurteilte das Massaker mit Nachdruck und forderte Israel auf, weitere Maßnahmen zur Verhinderung von Gewaltakten der Siedler zu ergreifen, einschließlich der Einziehung von Waffen.
MASSNAHMEN DER VEREINTEN NATIONEN
Es hatte sich schon vor langem die Erkenntnis durchgesetzt, daß der internationalen Gemeinschaft bei den Bemühungen um eine umfassende, gerechte und dauerhafte Regelung im Nahen Osten eine wichtige Rolle als Förderer der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung im besetzten palästinensischen Gebiet zukommt.
Während UNRWA seit fast 45 Jahren dem palästinensischen Volk unschätzbare Hilfe zuteil werden läßt, indem es für die wichtigsten Dienstleistungen sorgt, haben viele andere Organisationen und Gremien der Vereinten Nationen durch die Bereitstellung ihres Know-how zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen des palästinensischen Volkes beigetragen. Sie haben Missionen entsandt, Untersuchungen durchgeführt und Hilfestellung geleistet. 1993 beliefen sich die Dienstleistungen und Sonderprojekte der Vereinten Nationen im Westjordanland und im Gazastreifen auf nahezu 250 Millionen US-Dollar.
UNRWA, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) unterhalten Stützpunkte im besetzten palästinensischen Gebiet und sorgen für humanitäre Nothilfe und Entwicklungshilfe. Weitere Unterstützung kommt unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEF), der Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) und der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO).
Die Hilfe für das palästinensische Volk wurde noch wichtiger, als im Dezember 1987 die palästinensische Intifadah begann. Die israelischen Behörden verhängten einschneidende restriktive Maßnahmen, die das wirtschaftliche und soziale Leben im besetzten Gebiet mehr denn je beeinträchtigten.
Entwicklungen in der Region aus jüngerer Zeit hatten ähnlich verheerende Auswirkungen auf das palästinensische Wirtschaftsgeschehen. Die Ausweisung palästinensischer Arbeiter aus den arabischen Golfstaaten nach dem Golfkrieg von 1991 löste einen Rückstrom von Palästinaflüchtlingen nach Jordanien und, in geringerem Maße, in das Westjordanland und in den Gazastreifen aus, wodurch die Geldüberweisungen dieser Arbeiter, die so viele Familien in den besetzten Gebieten ernährt hatten, fast zur Gänze ausblieben. Die Abriegelung des besetzten Gebiets durch Israel im März 1993 schließlich ließ die Arbeitslosenrate unter der aktiven palästinensischen Bevölkerung auf 40 Prozent ansteigen.
In dem Bemühen, die Hilfeleistung an die Palästinenser als unerläßlichen Bestandteil der Suche nach dem Frieden in den Vordergrund zu stellen und die diesbezüglichen Anstrengungen seitens des Organisationsverbundes der Vereinten Nationen, der nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) und der Geberländer noch weiter zu verstärken und besser zu koordinieren, veranstaltete der Ausschuß für die Ausübung der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes im April 1993 am Sitz der UNESCO in Paris das Seminar der Vereinten Nationen über Hilfe für das palästinensische Volk.
Das Seminar, an dem 17 Gremien der Vereinten Nationen, 67 Regierungen und 19 NGOs vertreten waren, diente als Forum für den Gedankenaustausch zu den verschiedenen Aspekten der Hilfeleistung. Die Lage im besetzten palästinensischen Gebiet wurde von zahlreichen Experten als unhaltbar beschrieben. Besonders nötig sei internationale Hilfe zur Entwicklung des Industriesektors, zur Schaffung und Stärkung von Institutionen zur Förderung der Entwicklung des privaten Sektors, für Projekte zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Verdienstmöglichkeiten, für den Aufbau von Infrastruktur sowie für die Heranbildung des mittleren und Spitzenmanagements.
Dite Teilnehmer des Seminars gelangten unter anderem zu der Schlußfolgerung, daß „die israelische Wirtschaftspolitik im besetzten palästinensischen Gebiet zur Unterentwicklung" geführt habe und daß „Israel seine Kontrolle … dazu benutzt" habe, „Hilfsprojekte zu verhindern oder zu behindern". In den Schlußfolgerungen hieß es aber auch, daß die internationale Gemeinschaft nunmehr darauf setze, daß „der Tiefpunkt erreicht" sei und daß „das palästinensische Volk bald in der Lage sein" werde, „seine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen und seine eigenen wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen zu treffen".
Als am 13. September 1993 die Grundsatzerklärung unterzeichnet wurde, muteten die Schlußfolgerungen des Pariser Seminars inmitten der freudigen Erregung, die das Ereignis begleitete, fast als prophetisch an. Mit dieser Unterzeichnung wurden tatsächlich erhebliche internationale Bemühungen eingeleitet, um den Finanzbedarf für die Entwicklung und den Wiederaufbau im Westjordanland und im Gazastreifen zu ermitteln und die entsprechenden Gelder aufzubringen. In Washington, D.C., fand am 1. Oktober 1993 eine wichtige Konferenz der Geberländer statt, bei der die verschiedenen Regierungen Zusagen in Höhe von 2,5 Milliarden US-Dollar zur Unterstützung des palästinensischen Volkes abgaben. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Boutros Boutros-Ghali, setzte eine hochrangige Arbeitsgruppe für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung von Gaza und Jericho ein und präsentierte kurze Zeit später einen Aktionsplan mit dem Titel „Supporting the Transition: An Immediate Response of the United Nations to the Interim Period in the West Bank und Gaza Strip". Ziel der Reaktion der Vereinten Nationen sei es, heißt es darin, die Palästinenser in einer Weise zu unterstützen, daß sie wieder das Gefühl bekommen, eine Chance im Leben zu haben, und daß gleichzeitig der Friedensprozeß konkret gefördert wird.
Die Arbeitsgruppe bestand aus den leitenden Beamten der drei UNO-Organisationen, die in den besetzten Gebieten tätig sind: UNRWA, UNDP und UNICEF. Die von diesen Organisationen im ersten Jahr der Übergangsperiode zu koordinierende Unterstützung verfolgt zwei wesentliche Ziele: Sie soll einerseits der künftigen Palästinensischen Behörde Hilfestellung bei der Übernahme der Agenden Bildung, Gesundheit, soziale Dienste, Einkommensförderung, Krankenhausbetreuung usw. leisten und andererseits die Infrastruktur für grundlegende materielle und soziale Dienste verbessern.
Diese drei Organisationen werden in der Übergangszeit wie schon in der Vergangenheit eng zusammenarbeiten, jede in ihrem klar abgegrenzten Tätigkeitsbereich, sich jedoch gegenseitig ergänzend. Das UNDP wird sich verstärkt dem Ausbau der wirtschaftlichen Basis, der öffentlichen und zivilen Verwaltung, dem Aufbau von Institutionen, dem Humankapital und der Rolle der Frau in den zukünftigen palästinensischen Institutionen und in maßgeblichen Regierungsämtern widmen. Das Kinderhilfswerk UNICEF wird sich weiter mit der Verbesserung der Dienste für Kinder und Frauen im Gesund-heits- und Bildungswesen beschäftigen. Es wird auch Gemeindeaktivitäten fördern und Entscheidungsträger, Meinungsbildner, für Dienstleistungen verantwortliche Stellen und NGOs dazu aufrufen, die Bedingungen für Kinder und Frauen zu verbessern. Das Flüchtlingshilfswerk UNRWA wird seinerseits seine vielfältigen Hilfsdienste in den Bereichen Gesundheit, Fürsorge und soziale Dienste sowie seine Programme für Umwelthygiene bzw. Einkommensförderung weiter ausbauen.
Im März 1994 richtete die Generalversammlung auf Empfehlung des Generalsekretärs den Posten eines Sonderkoordinators für die besetzten Gebiete ein, der als Anlaufstelle für sämtliche Hilfsaktivitäten der Vereinten Nationen für die Palästinenser in den besetzten Gebieten im wirtschaftlichen, sozialen und in allen anderen Bereichen dienen soll. Aufgabe des Koordinators ist es, dafür Sorge zu tragen, daß alle Aktivitäten zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sorgfältig aufeinander abgestimmt werden, weshalb er mit den Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, der Weltbank, den NGOs und der Gemeinschaft der Geberländer ständig in Kontakt stehen wird.
Veröffentlichtung der Hauptabteilung Presse und Information der Vereinten Nationen
DPI/1481–94-93510–December 1994–1M
Document Type: Publication
Document Sources: United Nations Department of Public Information (DPI)
Subject: Agenda Item, History, Palestine question
Publication Date: 01/12/1994